Page:Die Lais der Marie de France, hrsg. Warnke, 1900.djvu/38

Cette page n’est pas destinée à être corrigée.

XX Einleitung. Schauplatz der meisten französischen Lais liegt nun, wie Zimmer hervorhebt, in jenen beiden ersten Zonen, in denen das Französische ausschliesslich oder zu gleicher Zeit mit dem Bre- tonischen gebraucht wurde ; auf das rein bretonische Sprach- gebiet weist nur der Name Liun hin. Es folgt daraus mit ziemlicher Sicherheit, dass die Spielleute, die an den Höfen der Normannenfürsten ihre Weisen vortrugen und mit und nach den Normannen nach England kamen, der bretonischen und der französischen Sprache mächtig waren. Trugen sie nun ihre Lieder in bretonischer oder französischer Sprache vor ? Dass dieselben ursprünglich in bretonischer Sprache abgefasst waren, ist an und für sich klar und geht aus den bretonischen Wörtern Latistic und Bisclavret mit Sicherheit hervor. Wurden die Lais nun in französischer Sprache vorgetragen, so handelt es sich um eine Uebersetzung in diese Sprache. Einen Beweis hierfür hat man in der Bemerkung, die Marie am Schluss des Geisblattlais (V. 116) macht, gefunden, dass nämlich das Lai, das nach unserer Dichterin Tristan selbst gedichtet haben sollte, bei den Franzosen Chievrefueü hiess. Mit demselben Kechte freilich müssten wir dann eine englische Uebersetzung desselben Lais annehmen, da die Engländer, wie es unmittelbar vorher heisst, das Lai Gotelef nennen. Eine solche Folgerung aber macht die ganze Annahme im höchsten Grade unwahr- scheinlich. Die Uebersetzung eines bretonischen Lais ins Französische musste, da die Worte an eine bestimmte Melodie gebunden waren, mit grossen Schwierigkeiten verbunden sein und eine sprachliche Gewandtheit voraussetzen, wie sie im Mittelalter überhaupt kaum und gewiss nicht bei den doppel- sprachigen Bretonen anzutreffen ist, deren Französisch, nach der bekannten, freilich karrikierten Stelle im Rom. de Ren. (I, 2389, s. u.) zu schliessen, keineswegs rein und mustergültig war ; unmöglich aber scheint es geradezu, dass der bretonische Sänger oder ein dichtender Engländer dasselbe Lai ins Englische übersetzt haben sollte. So werden wir denn in jenen Versen weiter nichts als eine Uebersetzung des von Marie nicht er- wähnten bretonischen Titels zu erblicken haben, ebenso wie die Dichterin im Lattstic, wo sie das bretonische Wort bei- behält, dasselbe ins Französische und ins Englische übersetzte, und ebenso wie sie im Bisclavret auch das normannische Wort