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VI Einleitung. . Die erzählenden französischen Lais haben ihre letzte Quelle im Keltentum : die Versicherungen der Dichter, der Schauplatz der Gedichte selbst, die in denselben vorkommenden Personen- namen lassen den keltischen Ursprung der Gattung leicht er- kennen. So ist es von vornherein nicht unwahrscheinlich, für das Wort lai selbst keltischen Ursprung anzunehmen. F. Wolf, S. 7 und 8, stellte unter Verwerfung der früheren Ableitungen aus dem Romanischen und Germanischen, von Icssus, legatum, leudus, laxatum, lag, laiJcan, das kymrische Wort Hais, das Stimme, Ton, Gesang bedeutet, als Etymon auf. Ihm schloss sich F. Diez im Wörterbuche an. Da indessen das französische Wort, wie zahlreiche Reime beweisen, nie ein stammhaftes s gehabt hat, auch im Italienischen das dort nur pluralisch gebrauchte Wort lai lautet, ’) so befriedigt das kymrische Wort nicht ganz. So hat d’Arbois de Jubainville, Rom. VIII, 422 ff., das mit kymrischem Hais wahrscheinlich nicht verwandte irische löid, laid, das schon im achten oder neunten Jahrhundert Priscian von S. Gallen metaphorisch für Gesang der Vögel gebraucht, als Etymon empfohlen. Dieser Ableitung treten neuere Forscher bei ; so Thurneysen, Keltoromanisches, S. 103, Körting, Lat.-Rom. Wörterbuch, S. 439, Birch-Hirschfeld, S. 200, Ahlström, S. 3. Gegen den keltischen Ursprung des Wortes hat sich G. Paris, Rom. XIV, 606, ausgesprochen. Seiner Meinung nach stammt das Wort aus dem ags. lag. Diese Annahme hängt eng zu- sammen mit G, Paris’ Ansicht von dem Aufkommen der keltischen Sagenstoffe, die nach ihm von kymrischen Sängern den Angelsachsen und von diesen den Anglonormannen und weiterhin den Franzosen zugetragen wären. Das Wort lai sei gerade eins der Merkmale, die für die Existenz der ags. Zwischenstufe sprächen. Da indessen die ganze Hypothese des französischen Gelehrten erschüttert ist und ihr Urheber sie vielleicht selbst nicht mehr in ihrem ganzen Umfang aufrecht ^) Iin Provenzalischen war lais wol als ans dem Französischen ein- gedrungenes Fremdwort undeklinierbar {lais A. Sg. : trais Flam. 578) ; daneben aber bestand auch die Akkusativform lai. Vgl. die Stellen bei Bartsch, ZfRP I, 58.