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Le Fraisne. LXXXVII nun tritt Schön Anna an der Schwester Stelle und wird die rechtmässige Gemahlin ihres bisherigen Herrn. Die grosse Uebereinstimmung der Ballade mit dem Lai ist schon Walter Scott nicht entgangen, denn er sagt in der Vorbemerkung zur Ballade ’Lord Thomas and Fair Annie’ (Minstrelsy of the Scottish Border, Vol. III) : ’The tale is much the same with the Breton romance, called Lay Le Frain, or the Song of the Ash.’ Grundtvig a. a. 0. S. 16 nimmt an, dass die Ballade nicht etwa aus Maries Lai, sondern aus dem von Marie benutzten bretonischen Volkslied herzuleiten sei. ’Es sind die wild- wachsenden Blumen, nicht die veredelten Gartengewächse, die frei von Land zu Land wandern und sich in der heimischen Flora einbürgern.’ Im nördlichen Frankreich ist nach Grundtvig die Ballade zuerst erklungen und von dort über den Kanal bis nach Schottland und über den Rhein bis nach Schweden im Munde des Volkes gewandert. Auch ich halte diese An- nahme für nicht unwahrscheinlich. Dagegen muss man es meines Erachtens ganz dahingestellt sein lassen, einerseits ob die Züge, die den verschiedenen Fassungen der Ballade gemeinsam sind, in Maries Gedicht aber nicht vorkommen, schon in dem bretonischen Volkslied, oder wenigstens in der von Marie benutzten Version, nicht vorgekommen sind, und anderseits, ob die Züge, die dem Gedichte der Marie im Gegensatz zur Ballade eigentümlich sind, sich schon in dem bretonischen Lied vorfanden oder der französischen Dichterin augehören. Zu dem Eingange des Lais von Le Fraisne, wonach die Rittersfrau ihre Nachbarin der Zwillinge wegen des Ehebruches beschuldigt, bald darauf aber selbst Zwillinge bekommt und einen derselben heimlich aussetzen lässt, bilden Seitenstücke folgende Sagen : die Stammsage der Weifen in der Brüder Grimm Deutschen Sagen No. 515 = 2 No. 521, die Sage von der Gräfin Jutta von Querfurt in W. J. A. von Tettaus und J. D. H. Temmes Volkssagen Ostpreussens, Litthauens und Westpreussens, No. 62, die von den Hundt von Dorf heim im Pinzgau bei F. Panzer, Bayerische Sagen und Bräuche, I, 8, die von den Hunden von Weukhcim bei L. Bechstciu, Der Sagen- schatz des Thüringerlandes, neue Aufl., Hildburgh. 1862, IV, 199, I