Page:Die Fabeln der Marie de France, hrsg. Warnke, 1898.djvu/131

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VI. REIHENFOLGE DER WERKE UND ABFASSUNGSZEIT. CXIII die sich die Dichterin stellte und die darin bestand, den Traetatus mit allen Einzelheiten möglichst wörtlich dem Laienvolke zu verdolmetschen, nicht gerade Wunder nehmen. Ausserdem linde ich aber eine etwas ungelenke Sprechweise eigentlich nur in den Partieen, die die theologischen Erörterungen Heinrichs in betreff der Möglichkeit eines Besuches in der Unterwelt wiedergeben; ein derartiger Versuch würde vielleicht auch einem geschickteren Dichter, als Marie war, wenig gelungen sein und noch heute wenig gelingen. Wenn Marie ferner in der Einleitung zu den Lais sagt, dass sie zuerst daran gedacht hätte, eine gute Geschichte aus dem Lateinischen zu übersetzen, dass sie aber davon absehe, weil so viele andere sich au solchen Arbeiten versuchten, so beweist dies keineswegs, dass sie einer derartigen dichterischen Thätigkeit für immer den Rücken kehrt; aus den Worten ne me fust guaires de pris möchte ich vielmehr schliessen, dass sie bis dahin noch nicht den Versuch gemacht hatte, aus dem Lateinischen zu tibersetzen. Ebenso wenig Gewicht ist der Bemerkung beizulegen, dass sie im Pg. noch nicht genügend Vertrauen zu ihrer poetischen Kraft gehabt hätte, um ihr Werk einem Könige oder Fürsten zu widmen. Wer weiss, welchen Einfluss der Thronwechsel in England — Heinrich II. starb 1189 — auf Maries Leben ausgeübt hat? Wie vielfach können die Gründe gewesen sein, die sie veranlassten, bei ihrem Pg. von einer Widmung überhaupt abzusehen! *) Genug, aus derlei Annahmen ist kein auch nur einigermassen fester Schluss zu ziehen. Ebenso schwach sind Jenkins’ sprachliche Gründe, durch welche er dem Pg. die Priorität sichern möchte. Nient wird die Dichterin wohl auch in den Lais überall zweisilbig gebraucht haben; dcit (digitus) und esvanit sind nicht unbedingt als ältere Formen aufzufassen; der Reim mercier : chier in den Lais (Ch. 27) ist durch Umstellung zu beseitigen.^)

Gerade die Betrachtung der Sprache in den drei Werken führt zu einem andern Ergebnisse. Ueberall hat sich Marie

  • ) Der ’Bei pere dem Marie anscheinend ihr Werk gewidnaet hat,

stammt aus der lateinischen Vorlage.

) Rom. 1S95, p. 292 hat G. Paris die Ansicht Jenkins’ hinsichtlich der Priorität des Pg. abgewiesen; zur selben Zeit und mit ungefähr denselben Einwendungen der Hg. im Litteraturblatt für germ. und rom. Phil. 1895, 4. Bibliotheca Normannics VI. ]^