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Während seines Pariser Aufenthalts suchte Leibniz die Bekanntschaft der berühmtesten Männer jedes Faches zu machen. Als vornehmster Vertreter der Cartesianischen Philosophie galt damals Nicolas Malebranche, Priester des Oratoriums (geb. 1638, gest. 1715), der zugleich auch ein tüchtiger Mathematiker war.[1] Es läßt sich nicht ermitteln, wann und durch welche Gelegenheit es Leibniz gelang, Malebranche, der ein zurückgezogenes Leben führte und wissenschaftliche Discussionen nicht liebte, persönlich näher zu treten.

Das erste Schreiben Leibnizens an Malebranche, das kein Datum hat, vielleicht aber 1674 oder 1675 geschrieben ist, giebt den Inhalt einer Unterredung zwischen beiden wieder. Es handelte sich um die Frage, ob das Wesen der Materie lediglich in der Ausdehnung bestehe. Sie wurde von Malebranche bejahet, von Leibniz bestritten. Um zu einer Entscheidung zu kommen, macht nun letzterer in diesem ersten Schreiben eine Zusammenstellung von Sätzen, deren Beweis er verlangt, wenn er die Behauptung Malebranche’s als richtig aner-

  1. Das Hauptwerk Malebranche’s, das von Leibniz so oft erwähnt wird, ist: La Recherche de la Vérité. Es besteht aus drei Bänden; der erste erschien 1674 und enthält le Traité des Sens, le Traité de l’Imagination und le Traité de l’Esprit pur. 1676 folgte der zweite, in dem le livre des Passions, le livre des Inclinations und le Traité de la Méthode sich finden. Drei Jahre später erschien der dritte Band, der Eclaircissements enthält. Diese Schrift Malebranche’s wurde viel gelesen; es erschienen noch bei Lebzeiten des Verfassers bis zum Jahre 1712 sechs Auflagen davon, und sie wurde in alle lebenden Sprachen Europas übersetzt. Auf Veranlassung des Herzogs von Chevreuse gab Malebranche die schönsten Stellen, die von der Religion und Moral handeln, besonders heraus unter dem Titel: Conversations chrétiennes, zu denen er sich als Autor in einem folgenden Briefe nicht bekennen will.